Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen – und ihre Einlösung

Die Einlösung von Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen, die dem Inhaber ein Recht auf die Auslieferung von Gold gewähren, unterliegt nicht der Einkommensteuer.

Bei Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen handelt es sich um börsenfähige Wertpapiere. Diese gewähren dem Inhaber das Recht auf Auslieferung eines Gramms Gold, das jederzeit unter Einhaltung einer Lieferfrist von zehn Tagen gegenüber der Bank geltend gemacht werden kann. Daneben besteht die Möglichkeit, die Wertpapiere an der Börse zu handeln. Zur Besicherung und Erfüllbarkeit der Auslieferungsansprüche war die Inhaberschuldverschreibung jederzeit durch physisch eingelagertes Gold zu mindestens 95 % gedeckt.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall erwarben die Anleger Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen und ließen sich das verbriefte Gold innerhalb eines Jahres nach dem Erwerb physisch aushändigen. Das Finanzamt besteuerte die Wertsteigerung im Zeitraum zwischen dem Erwerb der Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen und der Auslieferung des physischen Goldes als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. von § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.

Die dagegen erhobene Klage war vor dem Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht erfolgreich1. Der BFH bestätigte dieses Urteil und wies die dagegen gerichtete Revision des Finanzamtes als unbegründet zurück.

Nach dem Urteil des BFH haben die Anleger durch die innerhalb eines Jahres nach dem Erwerb der Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen erfolgte Einlösung mit Auslieferung des physischen Goldes keine Veräußerung i.S. des § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verwirklicht. Es fehlt an der entgeltlichen Übertragung der angeschafften Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen, weil die Anleger lediglich ihren verbrieften Anspruch auf Lieferung des Goldes eingelöst und gegen Rückgabe der Inhaberschuldverschreibungen ihr Gold empfangen haben. Hierdurch habe sich ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht gesteigert, da sie auch danach das Risiko eines fallenden Goldpreises trugen. Das ausgelieferte Gold befand sich im Eigentum der Anleger und wurde in ihrem Bankdepot verwahrt. Eine Veräußerung des gelieferten Goldes habe nicht stattgefunden. Die zwischen dem Erwerb der Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen und der Auslieferung physischen Goldes eingetretenen Wertsteigerungen führten auch nicht zu steuerbaren Einkünften aus Kapitalvermögen, da die Schuldverschreibungen keine Kapitalforderungen verbrieften, sondern Ansprüche auf die Lieferung physischen Goldes. Nicht zu entscheiden hatte der BFH Im Streitfall über die Veräußerung oder Verwertung der Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen an der Börse oder an andere Erwerber.

Das Finanzgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den von den Anlegern eingelösten Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen nicht um Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Abs. 1 Nr. 7 EStG handelt und dass die Anleger durch die innerhalb eines Jahres nach dem Erwerb dieser Inhaberschuldverschreibungen erfolgten Einlösungen und Auslieferungen des physischen Goldes keine Veräußerungen i.S. des § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verwirklicht haben.

Der von den Anlegern bei der Einlösung der Inhaberschuldverschreibungen erzielte Buchdifferenzgewinn führt nicht zu steuerbaren Einkünften aus Kapitalvermögen. Zwar gilt nach § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG als Veräußerung auch die Einlösung. Diese muss sich aufgrund der Bezugnahme auf § 20 Abs. 2 Satz 1 EStG jedoch auf eine der dort beschriebenen Kapitalanlagen beziehen. Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen erfüllen keines dieser Tatbestandsmerkmale2.

Bei den von den Anlegern eingelösten Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen handelte es sich nicht um Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Abs. 1 Nr. 7 EStG, da sie auf die Lieferung einer Sache gerichtet waren. Nach den Emissionsbedingungen hatten die Anleger gegen die Emittentin der Inhaberschuldverschreibungen ausschließlich einen Anspruch auf die Lieferung von Gold, der im Streitjahr physisch erfüllt worden ist. Es handelte sich danach nicht um die Einlösung einer Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG. Zur weiteren Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Bundesfinanzhof insoweit auf das BFH, Urteil in BFHE 250, 75, BStBl II 2015, 835, Rz 10 bis 12, dem er sich anschließt.

Das Finanzgericht hat zu Recht entschieden, dass die Einlösungen der Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen und die an die Anleger erfolgten Lieferungen des physischen Goldes keine Veräußerungen i.S. des § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG darstellen.

Ein privates Veräußerungsgeschäft (§ 22 Nr. 2 EStG) ist gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG die Veräußerung von Wirtschaftsgütern, insbesondere von Wertpapieren, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Unter Veräußerung i.S. des § 23 EStG ist nach der Rechtsprechung des BFH die entgeltliche Übertragung eines angeschafften Wirtschaftsguts zu verstehen3. An einem entgeltlichen Vorgang fehlt es aber, wenn der Gläubiger der Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibung lediglich seinen verbrieften Anspruch auf Lieferung des Goldes einlöst und gegen Rückgabe der Inhaberschuldverschreibung sein Gold an der angegebenen Lieferstelle empfängt. Er erhält dadurch nicht mehr, als seinem Sachleistungsanspruch entsprach. Seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit steigert sich allein mit der Lieferung des Goldes nicht. In Ermangelung einer Realisierung der Werterhöhung ist der Normzweck des § 23 EStG, innerhalb der Haltefrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsgutes im Privatvermögen der Einkommensteuer zu unterwerfen4, in solchen Fällen nicht erfüllt. Der Erwerber trägt auch nach der Lieferung des Goldes das Risiko eines fallenden Goldpreises.

Nach diesen Maßstäben hat die Vorinstanz zutreffend eine Veräußerung i.S. des § 22 Nr. 2 EStG i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verneint.

Die Einlösungen der Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen und die an die Anleger erfolgten Lieferungen des physischen Goldes bildeten im Streitfall keine entgeltlichen Geschäfte. Nach den Emissionsbedingungen (Ziffer 7 § 1 Abs. 1) verbrieften die ohne Endfälligkeitstag vereinbarten Xetra-Gold Inhaberschuldverschreibungen das Recht der Anleger, jederzeit die Lieferung einer bestimmten Menge an Gold zu verlangen. Die Erfüllung des schuldrechtlichen Sachlieferungsanspruchs setzte lediglich voraus, dass die Anleger die Schuldverschreibungen bei der Rücknahmestelle durch die depotführende Stelle der Anleger einreichen lassen (Ziffer 7 § 3 Abs. 1 der Emissionsbedingungen) und der Emittentin die Lieferkosten erstatten. Bei wirtschaftlicher Betrachtung schlossen die Anleger mit der Emittentin durch das Zeichnen der stets durch Gold gedeckten Inhaberschuldverschreibung einen Kaufvertrag über die Lieferung einer bestimmten Menge an Gold. Der Kauf der Inhaberschuldverschreibung und die bloße Erfüllung des sich unmittelbar aus diesem obligatorischen Vertrag ergebenden Sachlieferungsanspruchs stellten wirtschaftlich insoweit einen einheitlichen Vorgang dar. Die Emittentin wurde durch die Lieferung des Goldes an die Lieferstelle der Anleger von ihrer Sachleistungspflicht frei (Ziffer 7 § 3 Abs. 5 der Emissionsbedingungen). Die Anleger erhielten daher nicht mehr, als ihnen schon vor der Einlösung der Inhaberschuldverschreibung wirtschaftlich zuzuordnen war. In der bloßen Geltendmachung des Sachlieferungsanspruchs ist insoweit keine Verwertung des Rechts auf Lieferung zu sehen. Das ausgelieferte Gold befindet sich im Eigentum der Anleger und wird im Depot einer Bank verwahrt. Eine Veräußerung des gelieferten physischen Goldes hat nicht stattgefunden.

Eine andere Beurteilung folgt nicht aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24.01.20125. Anders als im Streitfall wurde in jenem Urteil nicht lediglich der Goldlieferungsanspruch aus der Inhaberschuldverschreibung erfüllt und diese eingelöst, sondern der der Inhaberschuldverschreibung innewohnende ursprüngliche Sachlieferungsanspruch durch Zahlung eines Entgelts oder durch Umwandlung in einen Lieferungsanspruch eines aliud (kanadische Goldmünzen) verwertet.

Ebenso wenig ergibt sich eine abweichende Beurteilung aus dem Urteil des BFH in BFHE 250, 75, BStBl II 2015, 835. In jenem Urteil war die insoweit maßgebliche Haltefrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG unstreitig überschritten, so dass das Tatbestandsmerkmal der entgeltlichen Veräußerung nicht geprüft worden ist.

Fehlt es im Streitfall bereits an einem entgeltlichen Vorgang, kommt es nicht auf die Frage an, ob eine „Veräußerung“ -wie bei der bloßen Einziehung einer Forderung- auch im Verbrauch des Wirtschaftsguts liegen kann6. Angesichts der im Streitfall fehlenden Realisierung einer Wertveränderung muss der Bundesfinanzhof auch nicht entscheiden, ob er an der Rechtsprechung festhalten könnte, es als Veräußerung zu werten, wenn der Steuerpflichtige eine von ihm erworbene Forderung innerhalb der Spekulationsfrist einzieht, um eine „Gewinnmöglichkeit zu realisieren“7.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 6. Februar 2018 – IX R 33/17

  1. FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 06.09.2017 – 5 K 152/16[]
  2. gleicher Ansicht BFH, Urteil in BFHE 250, 75, BStBl II 2015, 835; vgl. auch BFH, Urteile vom 12.05.2015 – VIII R 35/14, BFHE 250, 71, BStBl II 2015, 834; – VIII R 19/14, BFH/NV 2015, 1559[]
  3. vgl. z.B. BFH, Urteile vom 08.04.2003 – IX R 1/01, BFH/NV 2003, 1171; vom 01.10.2014 – IX R 55/13, BFHE 247, 397, BStBl II 2015, 265[]
  4. ständige Rechtsprechung, s. z.B. BFH, Urteil in BFHE 247, 397, BStBl II 2015, 265, m.w.N.[]
  5. BFH, Urteil vom 24.01.2012 – IX R 62/10, BFHE 236, 362, BStBl II 2012, 564[]
  6. offen gelassen bereits im BFH, Urteil vom 18.10.2006 – IX R 7/04, BFHE 215, 193, BStBl II 2007, 258, unter II. 2.b, Rz 16, m.w.N. zum Diskussionsstand[]
  7. dazu s. BFH, Urteil vom 13.12 1961 – VI 133/60 U, BFHE 74, 331, BStBl III 1962, 127[]