Abzug von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen – und das Schonvermögen des Unterhaltsempfängers

Die Wertgrenze in Höhe von 15.500 € (R 33a.1 Abs. 2 Satz 3 der Einkommensteuer-Richtlinien) für „ein geringes Vermögen“ im Sinne des § 33a Abs. 1 Satz 4 Halbsatz 1 des Einkommensteuergesetzes (sogenanntes Schonvermögen) ist für das Streitjahr 2019 nicht zu beanstanden. Angesparte und noch nicht verbrauchte Unterhaltsleistungen werden grundsätzlich erst nach Ablauf des Kalenderjahres ihres Zuflusses zu (abzugsschädlichem) Vermögen.

Unterhaltsleistungen können mithin nur dann als außergewöhnliche Belastungen von der Einkommensteuer abgezogen werden, wenn das Vermögen des Unterhaltsempfängers 15.500 € (die bereits im Jhr 1975 festgelegte Grenze für das sogenannte Schonvermögen) nicht übersteigt. Zudem hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass die monatlichen Unterhaltsleistungen nicht in die Vermögensberechnung einzubeziehen sind.

In dem hier entschiedenen Fall machten die klagenden Eltern Unterhaltszahlungen an den volljährigen Sohn, für den kein Kindergeldanspruch mehr bestand, für den Zeitraum 01.01. bis 30.09.2019 (Abschluss des Studiums) als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG geltend. Das Bankkonto des Sohnes wies zum 01.01.2019 ein Guthaben 15.950 € aus. Darin enthalten war eine Ende Dezember 2018 geleistete Unterhaltsvorauszahlung für Januar 2019 in Höhe von 500 €. Das Finanzamt lehnte den Abzug der Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastungen ab, da der Sohn über ausreichend eigenes Vermögen verfüge. Davon sei nach den Einkommensteuerrichtlinien und der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auszugehen, wenn das Vermögen die Grenze von 15.500 € überschreite.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz folgte der Sichtweise des Finanzamtes und wies die Klage ab1. Der Bundesfinanzhof sah dies nun jedoch anders; er hob die Vorentscheidung auf und gab der Klage im Wesentlichen statt:

Er stellte zunächst übereinstimmend mit dem Finanzgericht klar, dass die seit 1975 unveränderte Höhe des Schonvermögen von 15.500 € trotz der seither eingetretenen Geldentwertung nicht anzupassen sei. Schonvermögen in dieser Höhe liege auch im Streitjahr 2019 noch deutlich oberhalb des steuerlichen Grundfreibetrags (9168 € in 2019) und unterschreite auch nicht das Vermögen, was das Zivil- und Sozialrecht dem Bedürftigen als „Notgroschen“ zugestehen.

Der Bundesfinanzhof folgte dem Finanzgericht aber nicht bei der Vermögensberechnung. Die monatlichen Unterhaltsleistungen der Eltern seien nicht sofort in die Vermögensberechnung einzubeziehen. Angesparte und noch nicht verbrauchte Unterhaltsleistungen würden grundsätzlich erst nach Ablauf des Kalenderjahres ihres Zuflusses zu (abzugsschädlichem) Vermögen. Die vorschüssige Unterhaltszahlung für den Januar 2019, die nach § 11 EStG erst in 2019 als bezogen gelte, sei daher beim Vermögen zum 01.01.2019 nicht zu berücksichtigen. Zu diesem Zeitpunkt sei daher von einem (unschädlichen) Vermögen des Sohnes in Höhe von 15.450 € auszugehen, das im streitigen Zeitraum auch nicht über 15.500 € angewachsen sei.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 29. Februar 2024 – VI R 21/21

  1. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. August 2021 – 6 K 1098/21[]